Auswirkungen der Textilindustrie auf die Arbeiter:innen


Die Textilindustrie beeinträchtigt nicht nur die Umwelt, sie schadet auch den Menschen - insbesondere denjenigen, die in den Fabriken arbeiten oder in deren Nähe wohnen. In diesem Artikel erklären wir, wie sich die Herstellung von Kleidung auf alle Lebewesen in ihrer Umgebung auswirkt.

Dass die Modeindustrie der Natur schadet, ist längst kein Geheimnis mehr. Abgesehen davon, dass für die Herstellung von Kleidung riesige Mengen Wasser benötigt werden, wird das Wasser danach selten gereinigt, was zu verschmutzten Seen und Böden führt. Nicht zuletzt werden beim Transport große Mengen Kohlendioxid in die Luft freigesetzt. Etwa 60 % aller Kleidungsstücke werden aus Polyester hergestellt – einem auf fossilen Brennstoffen basierenden Material. Bezogen auf die eigentliche Herstellung von Kleidung, richtet Polyester den größten Umweltschaden an (größer als der Transport). Aber nicht nur die Natur wird geschädigt, sondern auch die Menschen, die in den Fabriken arbeiten und in den umliegenden Gebieten leben. Viele der aus Textilfabriken und Gerbereien* freigesetzten Chemikalien wirken auf empfindliche Ökosysteme und Nahrungsketten ein. Sie vergiften Tiere, die in und an den Wasserläufen leben und grasen. Die Giftstoffe verseuchen das Trinkwasser, das auch zur Bewässerung von Gemüse und Getreide verwendet wird. An manchen Orten ist es so schlimm, dass ein Anbau gar nicht mehr möglich ist. Lokale Fischer:innen verlieren ihr Einkommen, weil der Fischbestand aufgrund der Wasserverschmutzung drastisch zurückgeht.

Gesundheitsrisiken, schlechte Bezahlung und miserable Arbeitsbedingungen
Dem Argument, dass die Textilindustrie den Menschen vor Ort etwas Gutes in Form von mehr Beschäftigungsmöglichkeiten gebracht hat, stehen ernstzunehmende Gesundheitsrisiken, miserable Lohnstrukturen und lausige Arbeitsbedingungen gegenüber. In einigen Fabriken arbeiten die Mitarbeiter:innen ohne angemessene Schutzkleidung, obwohl sie gefährlichen Chemikalien ausgesetzt sind, die sowohl innere als auch äußere Körperschäden verursachen können, darunter verschiedene Arten von Hautverätzungen, Hormonstörungen und Krebs. Die Arbeit in den Textilfabriken ist geprägt von viel zu langen Arbeitszeiten unter unzumutbaren Bedingungen. Ohnmachtsanfälle bis hin zum Tod sind aufgrund unzureichender Belüftung in den Räumlichkeiten keine Seltenheit.

Der Kampf um existenzsichernde Löhne
Die Arbeit in den Textilfabriken ist geprägt von niedrigen Löhnen und kurzfristigen, unsicheren Verträgen. Viele Arbeitnehmer:innen sind gezwungen, vom Mindestlohn zu leben, dem niedrigsten Lohn, den ein Arbeitgeber gesetzlich zahlen kann. Dieser reicht kaum zum Essen und Wohnen aus. Viele Textilarbeiter:innen wenden zudem Teile ihres Lohns auf, um sie zu Verwandten aufs Land zu schicken, die zu alt oder krank sind, um selbst zu arbeiten. Gerade im globalen Süden ist der Mindestlohn nicht mit einem existenzsichernden Lohn gleichzusetzen, wie er in Protesten und Demonstrationen eingefordert wird. Der existenzsichernde Lohn deckt - wie der Name schon sagt - alle Lebensnotwendigkeiten vollumfänglich ab. In vielen Entwicklungsländern ist die Kluft zwischen dem Mindestlohn und dem existenzsichernden Lohn zu groß, und Regierungen oder Unternehmen haben kein Interesse daran, den Mindestlohn anzuheben, um diese Lücke zu schließen - denn dadurch würden sie weniger wettbewerbsfähig. Die niedrigen Mindestlöhne sind somit eine strategische und profitorientierte Entscheidung von Unternehmen und Regierungen, die sich auf die Arbeitnehmer:innen auswirkt und verhindert, dass der Lebensstandard im Land angehoben wird.

Was ist ein Sweatshop?
Der Begriff Sweatshop steht synonym für Billiglohnfabriken, in der die Bezahlung, die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsumfeld weit unter den Anforderungen an das, was als angemessen und legal angesehen wird, liegen - und das trifft leider auf den Großteil der Textilfabriken zu. Kinderarbeit ist dort keine Seltenheit, ebenso wie Angestellte, die ihre Neugeborenen zur Arbeit bringen, weil sie niemanden haben, der sich um sie kümmert, oder es sich nicht leisten können, sie in die Vorschule und Schule zu schicken.

Transparenz und Verantwortung
Die miserablen Zustände der Textilindustrie und die verheerenden Folgen für Mensch und Natur verdeutlichen, wie wichtig Transparenz und Verantwortung von Seiten der Modeunternehmen ist. Sie sollten sich der Zustände in den Fabriken, mit denen sie zusammenarbeiten, und ihrer Lieferketten bewusst sein, und sicherstellen, dass zumindest alle Fabriken registriert sind und den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechen. Wenn Brands gegenüber ihren Kund:innen transparenter werden und sich herausstellt, dass es eindeutige Mängel, Risiken und Probleme in der Lieferkette (z. B. Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten) gibt, besteht die Chance, dass sie dafür zur Rechenschaft gezogen werden – und genau das ist nötig.


*Gerben ist ein Prozess, bei dem Tierhäute in Leder umgewandelt werden, und ist eine Form der Konservierung, die darauf abzielt, das Leder weich und haltbar zu machen.